Lange ist es her, dass die Frage „wie geht es dir?“ bloß eine Floskel war. Meist wurde die Nachfrage nach dem eigenen Wohlbefinden im E-Mail-Verkehr gewohnheitsgemäß gestellt, doch nur selten beantwortet. Nach nun einem Jahr Corona-Pandemie ist das anders.

In der Studie „social health@work“ will die BARMER gemeinsam mit einem Forscherteam der Universität St. Gallen herausfinden, wie sich mobile Arbeit auf die Gesundheit von Beschäftigten in Deutschland auswirkt. Die Studie ist repräsentativ für den Teil der deutschen Erwerbstätigen, für die mobile Arbeit aufgrund ihrer Arbeitsinhalte eine Rolle spielen kann. Über dreieinhalb Jahre nehmen halbjährlich jeweils rund 8.000 Erwerbstätige an einer Panel-Befragung teil.  Wie selbstverständlich oder ungewohnt sich die neuen Möglichkeiten? Was bedeuten sie für den Team-Zusammenhalt? Und was ist nun anders als im vergangenen Sommer, als die Pandemie eine neue Begleiterscheinung im Arbeitsleben der Deutschen war?

Auf die Erfahrung kommt es an

Die Ergebnisse der zweiten Befragungswelle zeigen, dass Beschäftigte mit hoher digitaler Kompetenz weniger unter Stress und Schlafproblemen leiden. Bei Menschen, die mit den digitalen Möglichkeiten noch nicht so vertraut sind, ist die Stresswahrnehmung seit der ersten Befragung im Sommer 2020 hingegen um 5 Prozent angestiegen.

Verwischen die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben?

Mobil Beschäftigten fällt es immer schwerer, klare Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben zu ziehen. Gemeint ist damit die Fähigkeit, die eigene Zeit zu strukturieren und dies klar zu kommunizieren. Beschäftigte, die im Homeoffice arbeiten, berichten im Durchschnitt über mehr Konflikte als Beschäftigte, die nicht mobil tätig sind – abhängig davon wie viele Kinder im eigenen Haushalt leben. Das deutet darauf hin, dass ein erfolgreiches und konsequentes Abgrenzungsmanagement über einen längeren Zeitraum stark von den familiären Umständen beeinflusst wird. „Führungskräfte sollten klarstellen, dass auch mobiles Arbeiten Grenzen hat und darauf achten, dass Arbeits- und Erreichbarkeitszeiten eingehalten werden“, rät Prof. Stephan Böhm.

Führt Homeoffice zu sozialer Abgrenzung?

Isolation, Einsamkeit und Ausgrenzung – viele Menschen haben mit diesen Gefühlen in der Pandemie zu kämpfen, auch im Homeoffice. 23,5 Prozent der mobil Beschäftigten fühlen sich isoliert, bei nicht mobil Beschäftigten sind es 19,5 Prozent. Es macht eben doch einen Unterschied, ob man mit Kolleginnen und Kollegen nur über Chat oder Videocalls kommuniziert, oder sich auch im Büro oder der Teeküche über den Weg läuft. „18,3 Prozent unserer Befragten fühlen sich im Homeoffice alleine, jedem Dritten fehlt Gesellschaft“, sagt Studienleiter Prof. Stephan Böhm. Was kann man trotz örtlicher Trennung also für seine psychische Gesundheit tun?

Besonders mobil Beschäftigte sollten sich die Zeit nehmen, untereinander auch über private Gespräche in Kontakt zu bleiben und Zusammentreffen, die sonst im Büroalltag selbstverständlich sind, digital nachzubilden.

Teamgeist stärken kann auch digital gelingen

Führungskräfte haben die Aufgabe, die Team-Zusammengehörigkeit zu fördern – gelingt das auch in der digitalen Arbeitswelt? Seit der ersten Befragungswelle im Sommer 2020 sank das Gefühl der Zugehörigkeit bei mobil Beschäftigten jedenfalls um drei Prozent. Die Herausforderung, sein Team digital zusammenzubringen, kann laut Prof. Stephan Böhm trotzdem gelingen: „Führungskräfte sollten in das Zusammengehörigkeitsgefühl ihrer Mitarbeiter investieren und zum Beispiel darauf achten, dass in virtuellen Meetings jeder zu Wort kommt. Dazu kann man eher ruhige Teammitglieder auch aktiv ansprechen“. Eine klare, transparente und wertverschätzende Kommunikation sei in Zeiten mobiler Arbeit noch wichtiger.

Die Akzeptanz für mobile Arbeit steigt

Trotz der beschriebenen Herausforderungen zeigt die Studie eindeutig: Die Akzeptanz von mobiler Arbeit steigt bei Beschäftigten an. Rund zwei Drittel der Befragten gaben an, dass sie sich vorstellen könnten, auch zukünftig mobil zu arbeiten.

Viele Beschäftigte befürworten eine hybride Arbeitsform im Verhältnis 2:3 (Büroarbeit zu mobiler Arbeit).

„Die zunehmende Digitalisierung und Flexibilisierung müssen als Entwicklungen verstanden werden, die die Arbeitswelt der Zukunft fundamental prägen werden“, bilanziert Prof. Stephan Böhm.

Im Herbst 2021 veröffentlichen BARMER und das St. Gallener Forscherteam die Ergebnisse der dritten Befragungswelle. Aktuelle Informationen, alle Ergebnisse zum kostenlosen Download und ein Film zur Studie gibt es unter: www.barmer.de/social-health.

507 mal gelesen